Publikation

'Der Intendant kommt'

Autor: Rainer Wieczorek
Veröffentlichung: 2005
GHL-Nr.: 108

Zum Inhalt

"Die Gesellschaft Hessischer Literaturfreunde zerstört mit dieser Ausgabe ein in der literarischen Welt einzigartiges Ensemble: eine unveröffentlichte Künstlernovelle gibt Auskunft über Theaterinszenierungen, die kein Mensch je gesehen hat. Was sich im Darmstädter Staatstheater - mit Billigung des Intendanten! - in den Jahren vor der Renovierung nachts abspielte, erfahren Sie hier" (Text: Einband Rückseite)

Leseproben

" (...) Über dieses Buch
Scheinwerferkegel kreisen, als suchten sie etwas, als könnte da oben auf dem Schnürboden des Staatstheaters etwas zu finden sein, das einen Stock tiefer, dort, wo das Publikum sitzt, unbemerkt verloren gegangen war.

Das vorliegende Buch erzählt von den Arbeiten Joachim Schoors, soweit sie der Forschung derzeit bekannt sind, und vom Theaterleben, in dem sie entstanden. Schoors Werk zählt ohne den geringsten Zweifel zum avancierten Experimentier-Theater unserer Tage, und obwohl es heute noch keine experimentelle Theatertheorie gibt, die selbst schon Kunst ist, weist Schoor bereits den Weg zu ihr (...) "
" (...) Sie arbeiteten lange an Becketts "Endspiel". Die Studenten entschieden die Wahl der Stoffe mittlerweile eigenständig; nach Beckett wollten sie sich mit Thomas Bernhard beschäftigen - recht so, dachte Schoor: er war weder Regisseur noch Lehrer, er war ein Beleuchter, der nicht mehr beleuchtete, ein Theoretiker, der nicht schrieb, ein Praktizierender, der lieber die anderen machen ließ, dessen eigentlicher Platz die Seitenbühne, das Inspizientenpult war, und er hatte 49 Jahre alt werden müssen, um das zu merken, 49 Jahre lang hatte es Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter werden müssen, bis er gelernt hatte, die Leuchte über dem Inspizientenpult an- und wieder ausschalten zu können, den Sammelruf, den Einzelruf und den Kipphebel für den Vorhang betätigen zu können, und die "Praktizierenden Studenten" staunten nicht schlecht, als sich mitten im "Endspiel" der Vorhang schloß und damit jeder Kontakt zum Publikum, sogar der imaginäre zu den leeren Stuhlreihen verlorenging, indem Schoor das private theatre gegen Blicke geradezu verbarrikadierte.

HAMM: Schau Dir die Erde an.
CLOV: Ich habe sie angeschaut.
HAMM: Durch das Fernglas?
CLOV: Man braucht kein Fernglas. (...) "
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