Publikation

'Butzbacher Autoren- und Künstlerinterviews 4'

Autor: Hans Joachim Müller
Veröffentlichung: 1992
GHL-Nr.: 86

Zum Inhalt

Es werden vorgestellt:

Die Autoren Kasimir Edschmid, Ota Filip, Ernst Glaeser, Manfred Hausmann, Guntram Vesper, Martin Walser, Wladimir Woinowitsch, Julia Wosnessenskaja, und Tom Barth, die Künstler Angela Hampel, Lucie Prussog, Werner Wittig, Bodo W. Klös, Wolfgang Niesner und Hubert Soltau.

Mit diesem Band wird die Reihe der Butzbacher Autoren- und Künstlerinterviews abgeschlossen.

Leseprobe

" (...) Arbeitsgemeinschaft:
Gesellschaftskritik üben Sie u. a. durch die Darstellung der Ehe in der gutbürgerlichen Gesellschaft: Ehebruch, Eifersuchtsdramen, Selbstmord, betrug, Leidenschaft. Damit beschreiben Sie natürlich einen besonders empfindlichen Bereich, in dem sich das Größere im kleinen spiegelt. Nur, - ähneln sich die Verletzungen, Verbiegungen, die Tragödien zwischen Mensch und Mensch, bei gleichen und unterschiedlichen Voraussetzungen, in anderen real existierenden Gesellschaftssystemen nicht sehr stark? Läuft diese Art von Gesellschaftskritik nicht letzten Endes auf eine kritische Betrachtung des Menschen überhaupt hinaus?

Martin Walser:
Bei mir ist nie die Absicht vorhanden gewesen, kritisch zu sein. Kritisch sein können, das würde bei mir voraussetzen, ein anderes System im Kopf zu haben, um etwas Bestehendes zu kritisieren. Die Kritik hat das Wort gesellschaftskritisch auch für mich verwendet. Mich hat das immer gestört. Ich bin kein gesellschaftskritischer Autor, denn ich gehöre doch immer dazu. Wenn es kritisch wäre, dann wäre es, wie Sie sagen, menschenkritisch. Da man aber selbst auch ein Mensch ist, wäre es auch keine Position, menschenkritisch zu sein. Ich mag das Wort "kritisch" darin nicht. Für mich ist es ein Kampf. "Kritisch" klingt mir zu intelligent, zu souverän, zu urteilsfähig, das bin ich alles nicht. Aber ich mußte mich immer wehren, es war für mich immer ein Kampf von einer nicht vorhandenen Position aus, um mich selber finden und ein bisschen behaupten zu können. Das hat viele Formen des Kampfes hervorgerufen. Den habe ich zu bestehen gesucht, und dabei sind dann gewiß auch kritische Töne entstanden, aber eben nicht, wie es das Wort vermuten lässt. (...) " - Aus: Martin Walser
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