'Fabeln und Erzählungen'
Autor: Johann Heinrich Merck
Nach der Handschrift herausgegeben und mit einer Einleitung versehen von Hermann Bräuning-Oktavio.
Veröffentlichung: 1962
GHL-Nr.: 4
Zum Inhalt
Als Handschrift 1380 liegen die von Merck eigenhändig in ein Heft eingetragenen Fabeln und Erzählungen in der heutigen Landes- und Universitätsbibliothek in Darmstadt vor. Der Band enthält neben einer Einleitung des Herausgebers Bräuning-Oktavio und seinen Anmerkungen 71 Texte.
Leseproben
" Der Dornstrauch
Zum niedren Dornstrauch sprach die Weide:
Was hat Dir denn der Mensch getan?
Stets fällstu recht mit tückscher Freude
Des armen Wandrers Kleider an;
Sag, wozu willstu sie gebrauchen?
Der Dornstrauch sprach: Ob sie wads taugen,
Daran gedenk ich nie.
Ich will sie auch zu nichts gebrauchen,
Nur, nur, zerreissen will ich sie. "
" Die Fichte und die Eiche
So gottlos seyn kanst du?
So rief die Ficht' der Eiche zu,
Du neigst dich niemals vor den Göttern,
Wenn sie in schweren Donnerwettern
Bey uns vorübergehn.
Ja, ja, ich werds gewiß noch sehn,
Es wird durch ihre mächtgen Heere
Dein stolzer Wipfel einst gebeugt.
Die Eiche sprach: Mit Recht suchstu der Götter Ehre;
Doch hättest du dich denn geneigt,
Wenn nicht der Sturm gewesen wäre? "