'Gesichter und Gesichte'
Autor: Fritz Usinger
Veröffentlichung: 1965
GHL-Nr.: 14
Zum Inhalt
- Schicksal der europäischen Kultur
- Europäisches Orchester
- Die mystische Lehre des Jakob Böhme und Angelus Silesius
- Goethes Wirkung in die Gegenwart
- Weltliteratur
- Johann Peter Eckermann
- Annette von Droste-Hülshoff
- Das Geheimnis Mallarmés
- André Gide. Immoralist und Moralist
- Stefan George und die Welt des Konkreten
- Hugo von Hofmannsthal
- Alfred Mombert
- Ferdinand Hardekopf
- Wilhelm Michel
- Thomas Mann und die Deutschen
- Hermann Friedmann
- Ja und Nein der Zeit
- Jahrhundert-Mitte
- Was können die Dichter stiften?
- Etwas über nichts
- Die Engel
Leseprobe
" (...) Goethes Begriff der Weltliteratur erwächst aus der Anschauung der Dichtung, wie sie Herder zuerst geformt hat. Goethe geht in seiner Betrachtung davon aus, daß die Poesie ein gemeingut der Menschheit sei, daß überall dichterische Begabungen aufblühen und daß man von einem Umblick auf die Meister der anderen Völker nur lernen könne. Wir sollen "das Gute, soweit es gehen will, uns daraus aneignen". Es handelt sich dabei nicht um eine Nachbildung fremder Muster, etwa französischer odfer englischer, italienischer oder spanischer. Eine solche Berührung mit dem geist anderer Völker kann nur eine Auflockerung, Bestärkung und Entfaltung des eigenen bedeuten. Nur dem Kunstschaffen eines einzigen Volkes spricht Goethe den Charakter der Mustergültigkeit zu, des griechischen, in dessen Werken "stets der schöne Mensch dargestellt ist". In diesem Wort liegt der Schlüssel auch zu Goethes Begriff der Weltliteratur. In aller Kunst erkennt Goethe als den Kern das Menschliche. (...) " - Aus: Weltliteratur (S. 29/30)